Szenarienwerkstatt – Glossar

Inhalt

Szenarien
Visions-Szenario
Trend-Szenario
Konsistenz
Leitbild
Störgrößen/Störereignisse
Arbeitsphasen
Konsensprinzip


Szenarien

Szenarien sind bildhafte, einigermaßen kohärente, widerspruchsfreie (>konsistente) Beschreibungen von Zukunftssituationen, mit denen verschiedene bzw. alternative Entwicklungsmöglichkeiten darstellbar sind. Es geht dabei nicht darum, bessere, treffsichere Voraussagen oder Prognosen über die Welt von morgen zu machen, sondern um das Gegenüberstellen denkbarer, gewünschter oder weniger günstiger Entwicklungen.
Mit Szenarien, die stets hypothetischen Charakter haben, lassen sich Zusammenhänge erkennen und Wechselwirkungen, z. B. sozialer, technischer, wirtschaftlicher und ökologischer Art bedenken.

Szenarien stellen prinzipiell immer einen Bezug zum Gesellschaftlichen her, auch wenn im Einzelnen nur bestimmte Bereiche , wie bspw. Umwelt, Bildung, Arbeit, Branche, genauer betrachtet werden.

Mit der Erarbeitung von Szenarien ist man in der Lage, auch komplexe Systeme abzubilden, wobei – wesentlich für diese Art der Planung – gleichwertig qualitative und quantitative Faktoren Berücksichtigung finden. Von daher sind Szenarien insbesondere für Lösungsperspektiven komplexer Probleme von Interesse. Damit sie als Gestaltungs- und Planungsmethode fungieren können, müssen Verbindungen zur Gegenwart hergestellt werden.
Darüber hinaus können die gedanklichen Konstruktionen über real mögliche Zukünfte mit denkbaren
oder anzunehmenden Ereignissen (siehe >Störgrößen) konfrontiert werden, was die Entwicklung von Handlungsoptionen erweitert bzw. Strategieentwicklungen qualifiziert.
Szenarien ermöglichen daher sich mit Veränderungsdynamik zu konfrontieren, aber auch mit gesellschaftlichen Wertvorstellungen und deren Veränderungen auseinanderzusetzen.

Neben ihrer Handlungorientierung haben Szenarien auch einen Anregungs- und Strukturierungswert und sind für Folgenabschätzung (sozialer, ökologischer, ökonomischer, technischer Art) geeignet.
Die Eigenschaft, komplexe Fragen und Themenstellungen mit Szenarientechnik bearbeiten zu können, impliziert in der Regel eine interdisziplinäre Erarbeitung.


Visions-Szenario

In einem Visions-Szenario wird aufgezeigt, wie durch vorgeschlagenes Handeln eine lebenswertere oder bessere Zukunft erreicht wird, als durch bisher praktiziertes Handeln.

Fundament für die Entwicklung eines Visions-Szenarios sind Visionen. Sie sind das Bild von der
Zukunft, die man erschaffen will, gewissermaßen die vorweggenommene Wirklichkeit eines Kollektivs (Organisation, Unternehmen, Gruppe, Gesellschaft). Visionen als Ausdruck menschlicher Kreativität machen Unmögliches denkbar und Denkbares möglich. Sie sind nicht beliebig, sondern zielen auf eine bessere Wirklichkeit ab. Visionäres Denken ist zwar immer relativ, bezogen auf den Bereich, in dem es entsteht und verfolgt wird. Dennoch setzt es Maßstäbe und Normen; es initiiert Veränderungen und Qualitätsstandards.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Szenarienwerkstatt kreiieren mit Visionen ihre erwünschte Zukunft und entwerfen Perspektiven kommenden Lebens: was morgen sein soll, was morgen geschaffen werden kann.
Sie formulieren dabei anschauliche Bilder über die erstrebenswerte Welt mit konkret zu beschreibenden Bedingungen, Organisationsformen und Zusammenhängen von beispielsweise Arbeit und Leben, Ökonomie und Sozialstaat, Bildung und Natur. Wenn auch Stringenz und Konsistenz bei Visions-Szenarios nicht absolut erforderlich sind, wird in der Szenarienwerkstatt dennoch auf Widerspruchsfreiheit geachtet.

Anhand visionärer Zukunftsvorstellungen, die immer auch von der persönlichen Vorstellungskraft geprägt sind und die weder unter dem Diktat vorgeblicher Sachzwänge, noch im Bann routinemäßiger oder streßbegründeter Ideenkiller und Denkbremsen ‚geschaffen‘ werden, ist eine konstruktive aber auch kritische Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Situation möglich.


Trend-Szenario

Für ein Trend-Szenario definiert man relevante Trends in verschiedenen Lebens- und Wirtschaftsbereichen und untersucht deren Auswirkungen. Die erkennbaren ökonomischen und sozialen Entwicklungen werden langfristig (Zeitraum zwischen 10 und 20 Jahren) linear fortgeschrieben. Man kann sich dabei auch von bereits erstellten Prognosen leiten oder von Ergebnissen der sog. Trendforschung inspirieren lassen. Es entstehen Prognosen, die der immanenten Entwicklungslogik folgen und auf Annahmen (kein Trendbruch, alles läuft wie bisher weiter) gründen. Bei der herkömmlichen Szenarioentwicklung werden hierzu noch eine positive Entwicklung – als best-case-scenario – und eine negative Entwicklung – als worst-case-scenario – modelliert. Für die jeweiligen Zukunftssituationen sind entsprechende >Konsistenzanalysen erforderlich. Interventionen gegen die (angenommenen) wahrscheinlichen Entwicklungstrends werden ausgeschlossen.

Das Szenario hat für die Akteure meist einen passiven Charakter, da sie sich eher in der Rolle von „Getriebenen“ befinden.
In der Szenarienwerkstatt fungiert das Trend-Szenario methodisch als externes, einflussnehmendes Umfeld auf die visionsorientierte Entwicklung.

Für das Erstellen von Trend-Szenarien gibt es darüber hinaus weitere Verfahren, bei denen Betroffene jedoch nicht unmittelbar einbezogen sind.
Mit sog. „Megatrend-Szenarien“ werden Auswirkungen langfristiger Entwicklungen auf die Umfeldbedingungen von Wirtschaft oder Gesellschaft untersucht und Empfehlungen für die Handelnden abgeleitet. Beispielhaft sind hier Naisbitt’s Megatrends (The Future Group) oder die Jahrhunderttrends der Prognos AG, Basel.
Eine Variante davon ist das „Direct-Writing“-Szenario. Hier werden die Wandlungsbereiche „Environmental Forces“ (Was geschieht aufgrund der Megatrends?) mit den Handlungsbereichen „Division Factors“ (Wie soll sich die Institution verhalten ?) unmittelbar verbunden. Mit dieser Methode lassen sich konkrete Strategieempfehlungen durchdenken. Sie wird besonders vom Stanford Research Institute (SRI) angewandt.
Ein vor allem in den USA verbreitetes Verfahren ist das „Modellorientierte Szenario“ oder Systemmodell. Prominentester Vertreter sind die ‚Universities of Massachusetts, of Southern California and of British Columbia‘. Sie erarbeiten rechnergestützte Modelle, die in der Lage sein sollen, quantifizierte Ergebnisse zu liefern. Nachteilig ist, dass die Modelle oft zu kompliziert sind, als dass sie ein Kunde oder Leser nachvollziehen könnte. Meadows „Grenzen des Wachstums“ oder „Global 2000“ sind beispielhaft für diese Szenarien zu nennen.
Bei einem „determinierten Szenario“ wird ein – angestrebtes oder abgelehntes – Zukunftsbild auf seine Konsequenzen für Wirtschaft und Gesellschaft untersucht. So zeigte das Öko Institut, Freiburg, Anfang der 80er Jahre auf, welche Maßnahmen ergriffen werden müssen, um einen Ausstieg aus der Kernenergie für Wirtschaft und Gesellschaft tragbar zu machen. Grundlage ist immer ein unabhängig von der Szenario-Methode bereits entwickeltes Zukunftsbild. Vereinfacht läßt sich dieser Szenariotyp als prognostische Rückwärtsbetrachtung beschreiben.
Bei Battelle entwickelte man sog. „Umfeld-Szenarien“. Dabei geht man nicht von der Entwicklung des zu betrachtenden Untersuchungsfeldes (z.B. Betrieb) aus. Stattdessen haben sie ihren Ausgangspunkt in der Analyse im für den Betrieb relevanten Umfeld und dessen Entwicklung. Wie im ‚Sandkasten‘ des Militärs werden die möglichen Entwicklungen des Umfeldes analysiert, zu in sich konsistenten Zukunftsbildern vereinigt und die daraus resultierende Entwicklung des Betriebes abgeleitet. Dabei können alternative Aktionen bzw. Handlungsalternativen durchgespielt und geplant werden.


Konsistenz

Konsistenz bedeutet, dass innerhalb der Szenarien Widerspruchsfreiheit gegeben sein muss. Die beschriebenen Bilder und Aussagen müssen zueinander eine Plausibilität aufweisen und frei von „logischen“ Widersprüchen sein. Aussagen dürfen sich nicht gegenseitig negieren. Nur anhand konsistenter Szenarien können eindeutige Handlungsoptionen abgeleitet werden.


Leitbild

Leitbilder sind Vorstellungen über machbare Möglichkeiten, die als wahrnehmungs-, entscheidungs- und handlungsleitender Orientierungsrahmen wirken. Sie sind auf Interaktion und Kommunikation zwischen den Akteuren bezogen, wirken aber auch auf sie zurück. Leitbilder stellen kollektive Projektionen dar,
die sich auf einen zukünftigen und gewünschten Zustand beziehen, welcher durch geeignete eigene Handlungen angestrebt werden soll.

Auf Unternehmens- oder Organisationsebene beinhaltet das Leitbild eine klare Auflistung oder Definition der permanenten Werte und Ziele. Es dient als Orientierungsrahmen für das Selbstverständnis, die Unternehmens- bzw. Organisationskultur, die zukünftige Unternehmensentwicklung und das Verhalten aller Mitarbeiter/-innen bzw. Mitglieder. Es drückt den Willen aus, keine Tatbestände und gibt Aufschluss über die Ziele und nicht über das bisher erreichte. Das Leitbild steckt den Rahmen ab, innerhalb dessen man sich zum Handeln verpflichtet.

In der Szenarienwerkstatt erfolgt die Entwicklung eines Leitbildes im Kontext der Vision einerseits und berücksichtigt die Erkenntnisse aus dem Trend-Szenario andererseits. Das Leitbild stellt eine Verbindung dar zwischen dem langfristigem Wollen und den Anforderungen der Gegenwart resp. mit den Ergebnissen der Umfeldanalyse. Es verkörpert ein realistisches und verwirklichbares Idealbild. Überdies hat es einen deutlichen Handlungsbezug, enthält aber keine operativen Überlegungen oder konkreten Zielsetzungen. Es enthält immer auch implizite Aussagen zum Menschenbild.

Die Erarbeitung des Leitbildes ist ein partizipativer, sozialer, zum Konsens führender Prozess. Das trägt zur Entstehung eines kollektiv geteilten Sinnbezuges bei.


Störgrößen/Störereignisse

Als Störung oder Störereignis wird eine – gemessen an bisherigen Erfahrungen – nicht erkennbare und daher unvorhergesehene (negative) Veränderung im Senario-Umfeld angesehen, die fundamentale Auswirkungen auf das jeweilige Szenario und somit auch auf die Handlungsspielräume, Planung und Strategien haben kann. Mit der Annahme von externen Störereignissen, ebenso können auch interne Ereignisse als Störungen gedacht werden, soll herausgefunden werden, wie sich die Szenarien hierzu verhalten. Mit welchen Präventiv- und Reaktivmaßnahmen wären Ziele und Aktivitäten noch möglich, welche Chancen und Risiken wären zu erwarten? Derartige Überlegungen und Planspiele nebst den daraus folgende Konsequenzen bezeichnen wir auch als „Probehandeln“.
Mit der Einführung von Störereignissen kann somit die Stabilität des erzeugten Zukunfts-Szenarios
geprüft werden. Gleichzeitig kann man sich gedanklich und auch planerisch auf derartige Ereignisse einstellen bzw. man ist eher in der Lage, auf sie im Realfall adäquat reagieren zu können.
 


Arbeitsphasen

Die Szenarienwerkstatt umfasst vier Arbeitsphasen. Innerhalb der Arbeitsphasen hat der
Methodeneinsatz wie z.B. Befragungen, Vorstudien, Experten-Delphi, Internetforum Einfluss auf
Umfang und Ablauf. Ebenso werden sie je nach Aufgabenstellung und Form der Mitwirkung
erweitert oder adaptiert. Zum Beispiel sind Szenarienwerkstätten für Stadt- oder Regionalentwicklung
oder Politikberatung andere Beteiligungsformen zu organisieren als bei Unternehmensplanung oder
-strategieentwicklung bzw. Organisationsentwicklung oder persönlicher Erfolgsplanung. Die Szenarienwerkstatt gilt daher als flexibel anwendbare Methode.

Analyse
Ausgangspunkt sind gesellschafts- oder unternehmensbezogene Probleme und deren erkennbare Folgen. Es können auch kontroverse Themen Gegenstand der Analyse sein. Einflussnehmende Strukturen und Interessen etc. werden in ihren Wirkungen transparent. Angesichts erwartbarer Komplexität beschränkt man sich auf Überschaubarkeit, um die weitere Bearbeitung nicht zu überfordern. Als Ergebnis werden lösbare Sachverhalte definiert.

Szenarien erarbeiten und bewerten
Erarbeitet werden ganzheitliche, kohärente, normative ->Szenarien für einen Zeithorizont von 10
oder 20 Jahren. Mit ihnen sollen unterschiedliche Zukünfte aufgezeigt und bewertet werden. Hierzu
wird ein ->Visions-Szenario kreiert, bei dem die Beteiligten ihre Kreativität voll entfalten, aber auch emotionalisierten Wünschen oder Denkansätzen folgen können. Das alternative Szenario wird als
->Trend-Szenario entwickelt. Dazu orientiert man sich an herkömmlichen Methoden, wie Extrapolation, Trendprognose etc., also Projektionen der Vergangenheit und Gegenwart in die Zukunft. Auf diese
Weise modellieren die Beteiligten erwünschte bzw. unerwünschte gesellschaftliche Zukunftssituationen oder spezifische regional- oder unternehmensbezogene Zukünfte.
Bei der Szenarienentwicklung wird darauf geachtet, dass sie in sich >konsistent sind. Sie sollen aber auch Merkmale wie interdisziplinär, kreativ-intuitiv, kritisch, nachvollziehbar, kommunikativ und politisch erfüllen. Mit der Analyse der Szenarien bezüglich ihrer inneren Strukturen und Wechselwirkungen werden die notwendigen Voraussetzungen erarbeitet, die eine Stabilität der beschriebenen Zukünfte ermöglichen. Zur Stabilität gehört auch die Prüfung ihrer Konsequenzen.

In dieser Phase ist die Kooperation von unterschiedlichen Fachexperten/-expertinnen (aus Planung, Management, Wissenschaft, Beratung etc.) mit den „Experten des Alltags“ („Laien“, Betroffene) wesentlich. So können soziale, wirtschaftliche, ökologische und technologische Wechselwirkungen, Abhängkeiten und Voraussetzungen in den Szenarien bewusst gemacht und eingebaut werden. Man beschränkt sich nicht nur auf kausale Ursache-Wirkungs-Beziehungen.
Damit wird das Denken in vernetzten System gefördert. Außerdem sieht man den betrachteten oder
zu gestaltenden Bereich als Subsystem in einem größeren Zusammenhang.
Die Kooperation eröffnet neue Sichtweisen, regt zu alternativen Überlegungen an, sensibilisiert das Problembewusstsein, relativiert bisherge Sachzwänge und öffnet sozialer Phantasie einen adäquaten Raum.
Für das Selbstverständnis der Fachexperten/-innen gilt, dass sie eine Art dienstleistende Rolle haben
und auf der Grundlage von Verantwortlichkeit gegenüber den Beteiligten oder Betroffenen tätig sind. Bewertbare Unterschiede zwischen ihren Vorstellungen und denen der Alltagsexperten gibt es nicht.
Auf diese Weise entsteht ein Vertrauensverhältnis, das wesentlich dazu beiträgt, die weiteren Aufgaben konstruktiv und kreativ anzugehen.
Zum Abschluß dieser Arbeitsphase werden die Szenarien beurteilt, z. B. hinsichtlich ihrer Menschenbilder, dynamischen Elemente, Ethikprinzipien, Ökologieorientierung, ihres Technologie- und Staats-
verständnisses; bei unternehmensbezogenen Szenarien sind es beispielsweise Führungsverständnis, soziale und ökologische Verantwortung, Produktorientierung. Die Werkstatt-Teilnehmer/-innen erfassen die Szenarien rational, gleichzeitig werden sie auch emotional erlebt. Sie ‚familiarisieren‘ sich mit ihrem favorisierten Szenario und spüren Wunschkraft zur Realisierung.

Ziele definieren, Strategien entwickeln
In dieser Phase verknüpft man die beschriebenen Zukünfte mit der Gegenwart. Meist beschränken sich die Beteiligten auf das Verbinden der erwünschten und gewollten Zukunft mit der analysierten Realität.
Hierzu erarbeitet man zuerst ein gemeinsames >Leitbild.
Aus gemeinsam entwickeltem Leitbild, der Analyse der Umfeldentwicklung sowie der gemeinsamen Analyse der (organisatorischen, betrieblichen) Ist-Situation bestimmen die Akteure ein mehrdimensionales Zielsystem, das soziale, politische, ökonomische, strategische und kulturelle Zielsetzungen verbinden kann. Daraus können dann kurz- und mittelfristige operative Ziele abgeleitet werden. Sie sind Grundlage des konkreten Handelns. Zur Realisierung der Ziele werden geeignete Maßnahmen, Aktionen, Projekte (siehe vierte Phase) konzipiert. Alternativ können statt eines Leitbildes allgemeine Handlungsmaximen oder Leitstrategien entwickelt werden. Unabhängig von der Herangehensweise stellen Leitbilder oder Leitstrategien immer eine Langfristorientierung dar. Damit soll die bisherige Praxis, sich ausschließlich auf Probleme zu fixieren, verändert werden. Ursache des Handelns ist die zu erreichende Zukunft und weniger ein Problem.

Zur erfolgreichen Verwirklichung der Ziele werden Handlungsoptionen bzw. Strategien aus den Szenarien abgeleitet. Sie sind erforderlich, um Chancen und Risiken zu erkennen. Kernaufgabe ist, die sich abzeichnenden Chancen zu nutzen und die erwartbaren Risiken einzugrenzen – und zwar nicht erst im laufenden Umsetzungsprozess, sondern bereits in seinem Vorfeld. Zwar ergeben sich aus den Szenarien selbst Chancen und Risiken für den Umsetzungsprozess, zur Entscheidungsfindung ist aber das Erarbeiten von Entscheidungsalternativen hilfreich. Hierfür wird die Störanfälligkeit einzelner Alternativen untersucht, in dem mögliche >Störereignisse (z.B. extreme Gesellschaftsentwicklungen, Wirtschaftskrisen, Rohstoffknappheit) eingeführt und ihre Auswirkungen auf die jeweilige Strategiealternative und Zielerreichung geprüft werden. Mit einer Art „Probehandel“ entwerfen die Beteiligten Maßnahmen und Handlungsoptionen und bewerten deren Chancen und Risiken sowie Brauchbarkeit, Wirksamkeit und Konsequenzen. Ebenso werden Veränderungspotenziale (handelnde Personen) erkundet, Kooperations- und Bündnispartner lokalisiert sowie Interessen von Stakeholdern idendifiziert.

Ziel ist geeignete Strategien zu erarbeiten, die sich unter unterschiedlichen Umfeldbedingungen als robust und flexibel erweisen. Eine robuste Strategie bedeutet, dass sie für jeden Fall erfolgreich ist, unabhängig davon, welche externen Situationen eintreten werden.
Ergebnis sind Erkenntnisse und Handlungsoptionen mit denen der einzuleitende Transferprozess gesteuert werden kann. Damit wird eine Basis geschaffen, auf der die einzelnen Umsetzungsaktivitäten abgestimmt operieren können. Gleichzeitig qualifiziert diese Arbeitsphase zu strategischem Denken und Handeln. So sind die Beteiligten in der Lage, rechtzeitig Chancen zu erkennen und mögliche Risiken zu minimieren oder zu umgehen. Dies gilt besonders in der Phase der Realisierung.

Realisierung/Transfer
Diese Phase stellt den Prozess der Veränderung der bishergen Realität dar. Es ist meist ein langfristiger Prozess, in dem der Übergang zur gewünschten Entwicklung eingeleitet und organisiert wird. Es werden erforderliche Projektschwerpunkte festgelegt, einvernehmliche Leitbilder vereinbart, Prioritäten von Arbeitsaufgaben gesetzt und Projekte koordiniert. Die Verantwortlichen in Unternehmen, Organisationen, Initiativen etc. delegieren Aufgaben und Verantwortlichkeiten an Akteure und Beteiligte. Leitidee ist: Betroffene werden zu Beteiligten.

Die Beteiligten und Akteure übernehmen im Rahmen von Projekten entsprechende Aufgaben, die sie zu erledigen in der Lage sind. Sie leisten damit einen bewussten Beitrag zur Erfüllung der Gesamtaufgabe. Sie qualifizieren sich dabei sukzessive und sind damit in der Lage, zunehmend auch komplexe Aufgaben und/oder Handlungen zu beherrschen. Es entsteht ein Selbstorganisationsprozess, bei dem sich die Akteure/Beteiligten an den kommunizierten Leitbildern orientieren und Teilziele mitverantwortlich realisieren. Sie sind besonders engagiert und motiviert, denn es sind ihre Ziele und Perspektiven, die sie mitverwirklichen.
Da diese Phase einen längeren Zeitraum umfasst, besteht die Gefahr, dass die mittelbar Beteiligten das Interesse an der weiteren Mitwirkung verlieren. Denn der Realisierungsprozess verteilt sich auf eine Vielzahl unterschiedlicher Aktivitäten und Kompetenzen. Es müssen oft langwierige Einzelaufgaben gelöst und geprüft werden. Damit weiterhin von einem kooperativen und partizipativen Planungs- bzw. Gestaltungsprozess gesprochen werden kann, ist die laufende Unterrichtung der Beteiligten und Betroffenen unverzichtbar. Daneben sind kontinuierliche Informationsveranstaltungen sinnvoll. Transparenz, Verbindlichkeit, Nachvollziehbarkeit und Evaluierung sind für den Prozess symptomatisch.


Konsensprinzip

bedeutet, dass die Meinung jedes Einzelnen gleiches Gewicht hat und gehört wird. Da in der Werkstatt die Teilnehmer/-innen freiwillig mitarbeiten und ihr Potenzial einbringen, soll niemand durch ein negatives Abstimmungsvotum oder durch ständige Dominanz von Mehrheiten ausgegrenzt und frustriert werden. Konsens heißt aber nicht hundertprozentige Zustimmung.

Durch das konsensorientierte Arbeitsprinzip in der Szenarienwerkstatt wird die Dialog- und Konsensfähigkeit gefördert, was den Gebrauch individueller Vetorechte und Blockaden erübrigen kann. So kann Konsens auch die Akzeptanz einer Mehrheitsmeinung bedeuten, wenn dabei nicht Essential berührt werden. Nachteilig ist ein sehr zeitaufwendiger Diskussionsprozess. Um eine mögliche Zementierung von Status Quo zu verhindern, können Verfahrensregelungen vereinbart werden. Was sich aber in der Praxis oft als unnötig erweist.

 




Zurück