Hamburg 2013 – Hamburg trudelt – Arbeitsmarkt und Arbeit
Es herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit. Die Struktur des Arbeitsmarktes ist durch einen sehr hohen Anteil von Langzeitarbeitslosen gekennzeichnet, der sich im wesentlichen aus Zuwanderern und wenig Qualifizierten rekrutiert. Daneben besteht strukturelle Arbeitslosigkeit, die vor allem aus den vergangenen strukturpolitischen Maßnahmen resultiert.
Die Produktionsanpassung der Fertigungs- und Zulieferbetriebe an die gesetzten Vorgaben erzeugen weitere, meist Kurzzeitarbeitslose, quasi als Preis für die Flexibilität.
Die Arbeitsverwaltung ist wenig erfolgreich und ohne Konzeption. Es besteht keine regionale und überregionale Planung und Kooperation, so dass große Unsicherheiten bezüglich der Qualifikationsziele bzw. der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen besteht. Für die meisten Arbeitsuchenden bedeutet dies Perspektivlosigkeit.
Zur Existenzsicherung der arbeitslosen Menschen müssen zusätzliche Mittel aus dem staatlichen Sozialfond zur Verfügung gestellt werden. Sehr viele Menschen versuchen – wenn sie nicht in andere Regionen abwandern können und wollen – in Eigeninitiative Beschäftigungsmöglichkeiten zu erhalten oder aufzubauen. Sowohl hierbei als auch bei der Annahme von Jobs verzichten sie weitgehend auf tarifliche Regelungen und akzeptieren ungeregelte und ungesicherte Arbeitsverhältnisse.
Die Gewerkschaften versuchen bisher vergeblich, den hohen Anteil der nicht geregelten Arbeitsverhältnisse durch kollektive Regelungen zu ordnen.
Die Organisation der Arbeit in den Betrieben ist dominiert von den produktionstechnischen Gegebenheiten, d. h. überwiegend Arbeit an Automaten sowie Montagetätigkeiten einerseits, und für eine kleine Gruppe der gut Qualifizierten dipositive und leitende Aufgaben andererseits. Die dazu notwendigen Qualifikationen erhalten die Beschäftigten – vor allem die mit Managementaufgaben betrauten – im Unternehmen.
Derartige Qualifikationsmaßnahmen können jedoch nur große Unternehmen bzw. Zweigwerke großer Betriebe durchrühren. Für die produktionstechnischen Anforderungen genügt in den meisten Betrieben ein angelerntes Spezialwissen, das in Kurzlehrgängen erworben wird. Dementsprechend hat auch das mittlere Management nur Spezialkenntnisse für die zu erledigenden Aufgaben. Die Folge davon ist eine mangelnde Flexibilität sowie die Unfähigkeit, in Gesamtzusammenhängen zu agieren. Es besteht ein gewisses „Fachidiotentum“.
Die Arbeitsplätze, sowohl in der Fertigung als auch in den verwaltenden und dienstleistenden Bereichen, sind streng nach betriebswirtschaftlichen und technisch-funktionalen Gesichtspunkten gestaltet. Nicht unmittelbar kostendeckende Aspekte wie z. B. Humanisierung und Gesundheitsschutz können daher nicht oder nur bedingt berücksichtigt werden. Ausnahme sind demgegenüber die Arbeitsplätze der Leitungs- und Führungskräfte. Sie sind unter der Beachtung neuester Erkenntnisse der Arbeitsmedizin und -psychologie gestaltet und in entsprechenden Räumlichkeiten eingerichtet. Da sie in der Regel sehr viel Kontroll- und Aufsichtstätigkeiten ausführen müssen, ist ihre Anwesenheit am Arbeitsplatz erforderlich.
In sehr vielen Betrieben besteht eine „offene Karriereplanung“, die jedem Beschäftigten die prinzipielle Chance eröffnet, eine innerbetriebliche Karriere machen zu können. In Form von Wettbewerben und Prüfungen werden dabei jedoch nur die allerbesten gefördert. Diese Anreizsysteme finden jedoch nur bei einem geringen Teil der Beschäftigten eine Akzeptanz, da die Chancen für einen besseren Job als äußerst gering und die dazu notwendigen Anstrengungen und Anforderungen als zu hoch beurteilt werden. Hinzu kommen Folgen der vehementen Konkurrenz unter den Menschen, bei der sie eher ihren unmittelbaren Arbeitsplatz verteidigen, als eine „unsichere Karriere“ anzustreben.
Begünstigt wird die Einstellung und Verhaltensweise der Menschen durch die fast ausnahmslose technisch-funktionale und technisch-organisatorische Gestaltung der Arbeitsplätze. So sind die meisten Menschen mit ihren Arbeitsaufgaben allein und isoliert, vielfach nur über technische Kommunikationsmittel miteinander verbunden. Zudem besteht bei ihnen kein ausgeprägter Wunsch zur Kommunikation und Kooperation. Konkurrenzdruck, Individualisierung, Egoismus und Karrierestreben prägen daher das soziale Klima in den Betrieben und Verwaltungen.
Bezüglich der Arbeitszeit gibt es keine verbindliche (tariflichen) Regelungen. Die Arbeitszeiten werden je nach betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten bzw. nach Bedarf mit den arbeitswilligen Menschen vereinbart.
Für die Mehrzahl der beschäftigten Menschen regelt sich auch die Höhe des Einkommens nach der jeweiligen konjunkturellen Situation und der errechneten Produktivität. In der Regel findet eine gewissen Angleichung zum Mittelmaß bzw. nach unten statt. Hohe Einkommen werden nur von wenigen Menschen erzielt, d. h. die Unternehmensleitungen versuchen durch hohe Honorare oder Einkommen die hochqualifizierten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Betrieben zu halten. Die davon betroffenen Karrieristen versuchen diese Situation zu ihren Gunsten (weiter) auszunutzen.
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